Marc Murtra spricht wenige Monate nach seinem Amtsantritt über den Kurswechsel bei Telefónica. Der neue CEO des spanischen Telekomkonzerns denkt europäisch – hadert aber mit der deutschen Bürokratie.
Madrid, Düsseldorf. Als Marc Murtra in den Konferenzraum kommt und sich an den runden Tisch setzt, verabschieden sich die beiden Mitarbeiterinnen aus der Presseabteilung diskret. Das ist nicht nur für Telefónica ungewöhnlich, einen der größten Telekomkonzerne Europas, sondern bei allen großen Unternehmen: Normalerweise führen Journalisten keine CEO-Gesprächeunter vier Augen, immer sind Sprecherinnen oder PR-Leute dabei.
Doch Murtra hat seinen eigenen Stil. Er gibt sich unorthodox und nahbar, seit er Mitte Januar den Chefposten bei Telefónica übernommen hat. Der 52-Jährige führt einen Konzern mit rund 25 Milliarden Euro Börsenwert, der auch hierzulande eine entscheidende Rolle spielt – als Mutterkonzern von Deutschlands drittgrößtem Netzbetreiber Telefónica Deutschland
Aber die Marke ist angeschlagen: Die glorreichen Telefónica-Zeiten Ende der 90er- und Anfang der 2000er-Jahre mit spektakulären Zukäufen in Latein- sowie Südamerika und dem Aufkauf der Marke O2 sind vorbei. Heute muss Murtra das Geschäft stabilisieren und neu aufstellen. Die jüngsten Quartalszahlen sind ernüchternd, die Schulden hoch, Lateinamerika schwächelt.
Telefónica braucht dringend eine neue Strategie. Und Marc Murtra will liefern. Im ersten Gespräch mit einem deutschen Medium liefert er einen klaren Ausblick: Er will den Konzern verschlanken, in Europa investieren und in Deutschland Tempo machen.
och ausgerechnet in der Bundesrepublik, einem der wichtigsten Märkte, trifft er auf viel Bürokratie, Zögern und große Lücken im Glasfasernetz. „In Brasilien gibt es eine prozentual höhere Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen für Haushalte als in Deutschland“, sagt Murtra.
Während die Konkurrenz ihre Netze ausbaut, verliert Telefónica einen Großkunden und Umsätze in Millionenhöhe. Murtra fordert Tempo – und eine digitale Zeitenwende für Europa. Aber kann er sie liefern?