Durch den Klimawandel zunehmende Dürreperioden verursachen messbare Landhebung
Geologischer Klimaeffekt: Der Klimawandel verändert nicht nur unser Wetter, er beeinflusst sogar die Bewegung der Erdkruste – beispielsweise in Südafrika. Dort hebt sich der Untergrund im Schnitt um zwei Millimeter pro Jahr. Ursache sind aber nicht tektonische Prozesse, sondern die sich häufenden Dürren in dieser Region, wie Bonner Geologen herausgefunden haben: Der Regenmangel hat Grundwasser und Gewässer in Südafrika so stark dezimiert, dass die Erdkruste entlastet wird und sich hebt.
Die Kruste unseres Planeten ist nicht unbeweglich: Die Plattentektonik lässt die Kontinente driften, türmt Berge auf oder vertieft Senken. Aber auch der menschliche Einfluss bewegt den Untergrund: In vielen küstennahen Ballungsräumen, vor allem in Asien und der USA sinkt der Boden ab, weil die schwere Auflast der Gebäude kombiniert mit sinkenden Grundwasserspiegeln und manchmal auch Öl- oder Gasentnahmen den Untergrund destabilisieren.

Warum hebt sich Südafrika?
Doch in Südafrika ist das Gegenteil der Fall: Dort detektieren GPS-Messstationen schon seit rund 20 Jahren eine Hebung des Untergrunds – im Schnitt um zwei Millimeter pro Jahr. Bisher vermutete man als Grund dafür Prozesse im Erdinneren. So ist bekannt, dass unter Südafrika ein vulkanischer Hotspot liegt – eine Aufstiegszone heißen Magmas aus dem unteren Erdmantel. Dieser Quathlamba-Mantelplume zusammen mit dem von ihm freigesetzten Gas kann die gemessene Hebung Südafrikas aber nur zum Teil erklären.
Auf der Suche nach einer Erklärung haben nun Forschende der Universität Bonn um Christian Mielke die Krustenbewegungen in Südafrika noch einmal genauer analysiert. Dafür werteten sie die Daten des südafrikanischen GPS-Netzwerks aus und verglichen diese mit klimatischen Faktoren wie dem regionalen Niederschlagsmuster und Phasen der Dürre. „Es ist nämlich ebenso möglich, dass Verluste an Grund- und Oberflächenwasser für die Hebung verantwortlich sind“, erklärt Koautor Makan Karegar.
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Wenn beispielsweise die Auflast durch große Gewässer, wassergetränkte Böden und Grundwasserreservoire abnimmt, wird die Erdkruste entlastet und federt im Zeitlupentempo in die Höhe – ähnlich wie eine Schaumstoffmatratze unter unserem Gewicht nachgibt und sich nach unserem Aufstehen wieder hebt.

Korrelation mit Trockenperioden
Aber ist dies bei Südafrika der Fall? Tatsächlich zeigten die Auswertungen deutliche Parallelen zwischen dem Ausmaß der Bodenhebung und den Niederschlägen. Gab es ausgeprägte Dürreperioden, hoben sich die betroffenen Gebiete besonders stark. „Die meisten Zeitreihen zeigen zudem einen positiven Langzeittrend, der um 2012 begann und bis nach 2021 anhielt“, berichten Mielke und seine Kollegen. Dies passt zur zunehmenden Häufung von Trockenperioden in Südafrika seit dieser Zeit.
Um diesen Zusammenhang zu überprüfen, zog das Team zusätzlich Daten der Satellitenmission GRACE hin. Diese misst das Schwerefeld der Erde und kann so zeigen, wie sich die Massenverteilung in und auf der Erdkruste im Laufe der Zeit verändert. Auch die Menge und Verteilung der irdischen Wasservorräte lassen sich so verfolgen. So enthüllten Analysen der GRACE-Daten erst kürzlich, dass der globale Wasservorrat und auch die deutschen Süßwasserbestände in den letzten rund 20 Jahren deutlich geschrumpft sind.
GRACE-Satelliten und Modelle bestätigen Zusammenhang
Ähnliches zeigt sich nun für Südafrika: Die GRACE-Satellitendaten belegen, dass die Masse des auf und unter der Erde gespeicherten Wassers in dieser Region abgenommen hat, wie die Forschenden berichten. Dieser am Schwerefeld ablesbare Massenverlust ist überall dort besonders groß, wo die GPS-Stationen eine deutliche Bodenhebung registriert haben. „Allerdings haben diese Messungen nur eine geringe räumliche Auflösung von mehreren hundert Kilometern“, räumt Mielke ein.
Um diese Ergebnisse zu präzisieren, prüfte das Team den Zusammenhang mithilfe von hydrologischen Modellen. Mit ihnen lässt sich der Einfluss von Dürren auf den Wasserkreislauf virtuell und mit sehr hoher Auflösung nachvollziehen. „Auch diese Daten belegen, dass sich der Anstieg vor allem durch Trockenheit und den damit verbundenen Verlust an Wassermasse erklären lässt“, sagt Mielke.
Nach Ansicht des Teams ist demnach weniger der Mantelplume, als vielmehr der Klimawandel und die von ihm verstärkte Trockenheit für die Bodenhebungen in Südafrika verantwortlich.